Die DIN 77800 wurde erarbeitet, um eine Vereinheitlichung und klare Empfehlungen hinsichtlich der Wohnform “Betreutes Wohnen” zu erreichen. Die Anforderungen waren bisher regional recht unterschiedlich ausgefallen. Dem Interessierten wie auch Beratungseinrichtungen, Bauträgern und Betreuungsträgern soll die DIN Zertifizierung als Richtschnur gelten, um das Leistungsangebot transparenter und verständlicher zu machen.
Dies bezieht sich auf das zu erbringende Leistungsangebot wie Wohnangebot, Vertragsgestaltung und vor allem auch die zu erbringenden Grund- und Wahlleistungen sowie Maßnahmen zur Qualitätssicherung.
Die Zertifizierung erfolgt durch einen von DIN CERTCO anerkannten Gutachter und beinhaltet neben der Dokumentenprüfung eine Vor-Ort-Kontrolle. Nach Erteilung des Zertifikats „Betreutes Wohnen – DIN geprüft“ behält das Zertifikat sechs Jahre lang seine Gültigkeit. Die Betreute Wohnen-Anlage wird jedoch innerhalb dieses Zeitraums regelmäßig überprüft und alle zwei Jahre erfolgt eine im Umfang verkleinerte Vor-Ort-Kontrolle.
Was bedeutet die DIN-Norm rechtlich?
Eine DIN-Norm hat erst mal keine rechtlich verbindliche Relevanz. Sie kann sich aber bei den involvierten Institutionen und Wirtschaftsunternehmen zu einem Standard entwickeln.
Wenn die DIN-Norm und die dazugehörige Zertifizierung sich zu einem Maßstab hinsichtlich der Qualität eines Produktes oder einer Dienstleistung entwickelt, sind die Anbieter wirtschaftlich in der Pflicht, diese Normen einzuhalten, um ihr Angebot konkurrenzfähig zu gestalten. Das Rechtssystem kann sich dann in einigen Fällen zur Orientierung an die Standards der Norm halten und gibt ihm dadurch dann auch eine rechtliche Relevanz.
Was gehört im Einzelnen zur DIN Norm 77800
Im Vordergrund steht die Transparenz und somit die Informationspflicht über alle Belange, die das Betreute Wohnen mit sich bringt.
Der Interessierte soll dadurch in die Lage versetzt werden, leicht verständlich über alle vertraglichen Inhalte informiert zu sein, bevor er sich zu einem Vertragsabschluss entschließt.
Für Betreuungsträger gilt es als Richtschnur, welche Punkte in jedem Fall erfüllt sein sollten. Die Daten sollen gut ersichtlich und in schriftlicher Form vorhanden sein. Auch sollten sie so strukturiert sein, dass sie gut zu vergleichen sind.
Informationen über die Wohnanlage:
- Eigentümer und Vermieter-Daten inklusive Anschrift und Kontaktmöglichkeiten
- Ansprechpartner mit Kontaktmöglichkeiten, Funktion und zeitlichen Regelungen
- Informationen über die Anlage: Wohnungsanzahl, Baujahr, vorhandene Dienstleistungsangebote auf dem Areal und Gemeinschaftseinrichtungen
- Barrierefreiheit der Anlage
- bestehen Möglichkeiten für Gäste, auf der Anlage zu übernachten (Gästezimmer)
- bestehen Möglichkeiten zum Probewohnen
Informationen über die Wohnung:
- genaue Wohnungsdaten: Größe in qm, Wohnungslage innerhalb der Anlage, Wohnungsgrundriss
- Ausstattung der Wohnung und Möglichkeiten zur zusätzlichen Installation von benötigten Geräten wie z.B. Waschmaschine; Internet, Telefon etc.
- Ausstattung der Wohnung in Bezug auf DIN 18025 (Barrierefreies Wohnen und Wohnen für Rollstuhlbenutzer)
- Erfordernisse zur Nutzung des Notrufdienstes (Hausnotruf)
- Möglichkeiten zur Tierhaltung
- welche Dienstleistungen gehören zum Umfang der Wohnung (Müllentsorgung, Hausmeisterdienste, Treppenreinigung etc.)
Für die Kriterien hinsichtlich der Beschaffenheit der Wohnung und Teilen der Anlage wird sich wie oben erwähnt auf die DIN Normen 18025/Teil 1 (Beschaffenheit von Wohnungen für Rollstuhlbenutzer) und Teil 2 (Barrierefreie Wohnung) bezogen.
Grundleistungen
- was genau ist in den Grundleistungen enthalten
- wie hoch sind die Kosten hierfür
- welche Preisgarantie gilt für die Grundleistungen,wie verhält es sich mit zu erwartenden Preiserhöhungen
- wer ist Betreuungsträger
- Ansprechpartner, Kontaktdaten und Verfügbarkeit
Wahlleistungen
- Leistungsangebot des Betreuungsträgers
- besteht ein eventuelles Zusatzangebot durch weitere Dienstleister
- ist der Dienstleister frei wählbar
- genaue Kostendefinition in schriftlicher Form (Preislisten)
- Aussagen über eventuelle Erhöhungen von Kosten (wie verhält es sich mit zu erwartenden Preiserhöhungen)
Wohnungskosten
- Kaltmiete und gesondert Pkw-Stellplatz-Kosten
- Mietnebenkosten pro Monat (durchschnittlich)
- eventuell anfallende einmalige Kosten bei Vertragsabschluss
- Kosten für Grundleistungen
- Kosten für Wahlleistungen
- Aussagen über eventuelle Erhöhungen von Kosten (wie verhält es sich mit zu erwartenden Preiserhöhungen)
Dienstleistungsangebot:
- Notrufdienst (Sicherstellung der Verfügbarkeit)
- Informationen über die Betreuungsleistungen
- Dienstumfang der Haustechniker (was ist enthalten – Kleinreparaturen etc.)
- Vermittlung und Organisationsservice
- Informationstätigkeit durch die Betreuungseinrichtung
- Möglichkeiten der Inanspruchnahme von Beratungen
- Informationen über soziale und kulturelle Leistungen
Schriftliche und mündliche Informationen empfohlen
Grundsätzlich sollte neben den schriftlichen Informationen auch ein mündliches Informationsgespräch stattfinden.
Dieses Informationsgespräch soll durch qualifiziertes Personal des Wohnträgers erfolgen. Dabei soll neben Informationen zum Betreuungsangebot auch das Wohnangebot erläutert werden.
Die beratende Person sollte über eine Ausbildung im Altenpflege- oder Krankenpflegebereich oder im sozialen oder hauswirtschaftlichen Bereich verfügen. Alternativ können auch anderweitig in der Seniorenbetreuung erlangte Kenntnisse mit Praktika und gerontologischen Grundkenntnissen für eine Beratung ausreichen.
Das Gespräch soll eine adäquate Informationsmöglichkeit im Sinne des Interessierten gewährleisten und offene Fragen klären.
Die DIN Normen 77800 können beim Deutschen Institut für Normung e.V. kostenpflichtig erworben werden. Es kann außerdem ein Buch “Betreutes Wohnen für ältere Menschen – Dienstleistungsanforderungen nach DIN 77800” bestellt werden.
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Ich verstehe eigentlich nicht, warum diese Art des Wohnens bei uns noch nicht interessant ist. Gerade im Südwesten, wo doch recht viele Menschen in Reihenhäusern wohnen , wäre es doch bestimmt sinnvoll, diese mit vielen Treppen versehene Wohnform zu tauschen in eine Wohnform auf einer Ebene. Auch wäre Inklusion so doch sehr gut möglich. Auch für kleine Kinder (Enkelkinder) ist doch eine Lebens-und Wohnform in eine geschützten Umgebung wüschenswert.
Liebe Gerda,
das sehe ich genauso, da muss sich in Deutschland noch sehr viel tun. Liebe Grüße, Michi
gehören Toilettenstützen für Rollstuhlfahrer zur DIN Norm 77 800?
Für eine Antwort wäre ich dankbar.
Stefan Weskott
München